Flucht, Angst und endlich Sicherheit
Am 22. Dezember 1958 floh die junge Luise Justen, gerade einmal sechzehnjährig, alleine mit dem Zug von Eberswalde in den Westen von ihrer brutalen Pflegetante weg zu ihrer Mutter. „In der S-Bahn schon gingen dann die Schupos mit den Schäferhunden durch, die haben mich schon angeguckt, morgens um halb fünf in der S-Bahn als junges Mädchen mit 16 Jahren. Und dann bei der Friedrichsstraße, so hieß der Bahnhof, jetzt musst du raus, da bin ich raus. Mir hat das Herz geklopft bis zum Hals hoch vor Aufregung. Diese Stunde Fahrt war voller Angst, voller richtiger Angst. Überall hast du gedacht 'Jetzt kommen sie, jetzt nehmen sie dich fest und schaffen dich nach Sibirien.' Dann habe ich auf dem Bahnsteig gestanden und aus Verzweiflung einen Apfel gegessen - das hat der Pfarrer auch gesagt, ‚Nimm den Apfel raus und iss, damit du Ruhe ausstrahlst, das ist sehr wichtig.‘ Dann kam nach einer Ewigkeit endlich ein Mann, den ich aber vorher nie gesehen hatte. Und das war der Pfarrer von Westberlin, denn die beiden Pfarrer haben ja zusammen gearbeitet. ‚Rotes Kopftuch, folge mir.‘ Die vereinbarte Parole. Ich habe nichts gesagt, ich habe ihn beobachtet und bin ihm nachgegangen. Die Treppe runter, dann wieder links rum und auf der anderen Seite wieder rechts die Treppen hoch. Dann ist er mit einem Mal stehen geblieben und sagte: ‚So, Kind, jetzt bist du sicher. Jetzt kannst du zu mir kommen, jetzt bist du in dem Westen.‘"
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