Theresienstadt, die Große Festung
ein jüdisches Ghetto · Pražská, 411 55 Terezín, Tschechische Republik
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Sie gaben uns heimlich Unterricht

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Wenn sich Frau Helga Hošková an den Teil ihrer Kindheit erinnert, den sie während des Krieges in Theresienstadt verbrachte, stellt sie mit Dankbarkeit fest, dass es trotz strengem Verbot Menschen gab, die die Kinder heimlich und in improvisierten Bedingungen unterrichteten. „Der Schulunterricht war in Theresienstadt strengstens verboten. Das einzige, was die Kinder durften, war das Zeichnen und ich glaube auch noch verschiedene Handarbeiten. Es gab dort keine Klassen, keine Tafeln, Bücher, keine Materialien, Übungshefte, Bleistifte. Trotzdem fand dort der Unterricht statt und damit meine ich alle Fächer. Alles heimlich. In den Reihen der Häftlinge gab es Lehrer, aber es waren auch einfach Leute die eine Beziehung zu den Kindern hatten und die was konnten und wussten. Sie kamen zu uns und gaben uns heimlich Unterricht.“ Während innen der geheime Unterricht stattfand, stand immer eine Wache vor der Tür, um im Falle einer Ankunft unerwünschter Gäste rechtzeitig zu warnen. Wenn sich jemand näherte, gab sie das Signal „es kommen Gäste“, das zwar völlig unschuldig klang, aber die Kinder wussten, dass sie das Papier oder was auch immer zu verstecken hatten, so dass niemand was erkennen konnte. Die Lehrer von Theresienstadt wurden „Betreuer“ genannt. „Diese Menschen hatten gar keine Vorteile. Wenn jemand in der Küche oder in der Landwirtschaft arbeitete, hatte er doch ein bisschen mehr Zugang zum Essen. Aber diese Menschen hatten gar nichts draus. Sie arbeiteten 24 Stunden täglich. Sie wohnten mit uns in den Waisenhäusern, einige schliefen sogar in denselben Räumen mit den Kindern. Es gab dort auch kranke Kinder um die sie sich kümmern mussten. Die Betreuer waren also Erzieher, Eltern und Krankenschwestern zugleich.

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Helga Hošková-Weiss

Helga Hošková-Weiss

Helga Hošková-Weiss wurde am 10. November 1929 in Prag - Libeň in einer assimilierten jüdischen Familie geboren. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei wurde die Familie Weiss von den Nazis regelrecht gejagt und schließlich - im Dezember 1941 – wurden die Familienmitglieder in das Ghetto von Theresienstadt deportiert. Sie verbrachten dort fast drei Jahre im Laufe derer Helga mehr als hundert Zeichnungen malte, die den Alltag in Theresienstadt wiedergeben. Der Zyklus von Bildern, der „Zeichne, was du siehst“ benannt wurde, ist ein großartiges Werk und ein außerordentliches historisches Zeugnis. Im Oktober 1944 wurde die Familie Weiss nach Auschwitz deportiert. Während ihr Vater in einer Gaskammer starb, wurde Helga mit ihrer Mutter schließlich ausgewählt, um in einer Flugzeugfabrik in Freiberg, in Deutschland, zu arbeiten. Aus Freiberg kamen sie dann im April 1945 in einen Todesmarsch Richtung Konzentrationslager Mauthausen, wo sie am 5. Mai befreit wurden. Nach dem Krieg absolvierte Helga parallel eine Fachschule für Grafik und ein Gymnasium, und im Jahr 1950 tritt sie die Akademie der Künste an, wo sie im Atelier von Professor Emil Filla studierte. Während ihres Lebens widmete sich sie der Malerei und der pädagogischen Tätigkeit. Im Jahr 2009 erhielt sie die Verdienstmedaille des Staates im Bereich der Kultur, Kunst und Bildung.

Theresienstadt, die Große Festung

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Die Große Festung von Theresienstadt ist Teil einer Festungsanlage, deren Bau im Jahr 1780 begann, in der Ära von Kaiser Josef II. Die Festung liegt am Zusammenfluss der Elbe und der Eger und wurde ursprünglich zur Verteidigung gegen eine Invasion aus Preußen vorgesehen. Sie wurde aber nie militärisch genutzt, da die Preußen sie einfach umgingen. Theresienstadt erreichte den Status einer Heeresstadt und diente als eine Garnison - die Truppen wurden hier bis zum Ende des 20. Jahrhunderts stationiert. Die Festung besteht aus zwei Teilen - der Großen und der Kleinen Festung. Die Kleine Festung diente schon seit ihrer Gründung als Militärgefängnis. In der großen Festung lebte die Bevölkerung. Die Nazis jedoch beschlossen, hier ein jüdisches Ghetto zu schaffen und vertrieben deshalb am 24. 11. 1941 die Zivilisten aus Theresienstadt und bildeten hier ein jüdisches Ghetto. Beim Ausbau des zukünftigen Ghettos nutzten die Nazis die jüdische Gemeinde in Prag. Sie behaupteten nämlich dass in Theresienstadt ein Lager entstehen würde, in dem die jüdische Bevölkerung des Protektorats interniert, nicht aber in den Osten transportiert werde. Im Jahr 1942, auf der Wannsee-Konferenz, beschlossen die Nazis den Sonderstatus des Ghettos von Theresienstadt. Es sollte ein sogenanntes „Altenghetto“ werden, also ein Ghetto in dem ältere Menschen interniert werden – oft Veteranen des Ersten Weltkriegs nicht nur aus dem Protektorat, sondern auch aus Deutschland und Österreich. Die Nazis schufen sich somit ein Alibi. Sie konnten behaupten, dass sie doch nicht alte Menschen in die „Arbeitslager“ im Osten schickten. Diese blieben doch in Theresienstadt. Das war jedoch eine Lüge, denn manche von den Transporten die aus Theresienstadt in den Osten gingen bestanden ausschließlich aus älteren Menschen. Tatsächlich war die primäre Funktion des Ghettos Juden zu versammeln und sie weiter in den Osten zu transportieren. Die durchschnittliche Zahl der Häftlinge betrug in den vier Jahren der Existenz des Ghettos zwischen 30.000 bis 40.000 (vor dem Zweiten Weltkrieg lebten etwa 7.000 Menschen in Theresienstadt, darunter auch die Truppen der Militärgarnison). Im September 1942 war das Lager mit fast 58.500 Häftlingen überfüllt. Zu dieser Zeit starben hier durchschnittlich 127 Menschen täglich! Angesichts der erheblichen Überfüllung des Ghettos gab es sehr schlechte Lebensbedingungen, die in der Folge zur hohen Sterblichkeit beitrugen. Am Ende des Krieges brach im Lager zusätzlich eine Typhusepidemie aus. Insgesamt wurden etwa 155.000 Menschen im Konzentrationslager Theresienstadt gefangen gehalten. Um die 118.000 von ihnen starben im Verlauf des Zweiten Weltkrieges (einschließlich der Opfer der Typhusepidemie). Die Befreiung von Theresienstadt verlief ohne Kämpfe. Am 1. Mai 1945 wurde das Lager an das Rote Kreuz übergeben, am 5. Mai flohen die letzten Nazis vor der herannahenden Front und am 8. Mai 1945 kamen die ersten sowjetischen Truppen.

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